Forschung
Entwicklungswerkzeuge
Wirkungsgrad/Effizienz
Die Schaufeln, die in Turbomaschinen eingesetzt werden, unterliegen hohen mechanischen und thermischen Belastungen. Die Fertigung der Schaufeln ist daher Präzisionsarbeit. Dennoch kommt es dabei zu geringen Fehlern, die sich im Betrieb durch störende Schwingungsphänomene bemerkbar machen. Dieses „Mistuning“ – auf Deutsch mit „Verstimmung“ zu übersetzen – kann sowohl das akustische Verhalten als auch die Lebensdauer negativ beeinflussen. Die Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen hat daher bereits im Jahr 1993 das erste Mistuning-Projekt initiiert und seither durch zahlreiche Vorhaben dazu beigetragen, das Phänomen technisch beherrschbar zu machen. Eine offene Frage war bislang, wie sich die Schaufeln innerhalb eines Schaufelkranzes über das durchströmende Fluid gegenseitig beeinflussen – und zwar in Kombination mit nicht-linearer Kopplung durch den Reibungskontakt. In dem Vorhaben „Mistuning mit Aerokopplung I/II“ untersuchten Schwingungs- und Turbomaschinen-Experten der Leibniz Universität Hannover gemeinsam die durch die Kopplung von Aerodynamik und Strukturmechanik verursachten Schwingungen.
» Die Forschung an Mistuning-Phänomenen trägt dazu bei, die Resonanzdurchgänge von Turbomaschinen-Laufrädern besser zu verstehen und damit einen Beitrag zur Betriebssicherheit zu liefern. «
Dr.-Ing. Harald Schönenborn (MTU Aero Engines)
Rotorscheiben im Verdichter mit integrierten Schaufeln, sog. Blisks, machen Triebwerke leistungsfähiger, leichter und sparsamer.
Bildquelle: Uni Hannover | IDS
Montage der Rotorscheiben auf dem Prüfstand
Bildquelle: Uni Hannover | IDS
Effiziente Turbomaschinen spielen eine Schlüsselrolle in der Energiewende. Um trotz Mistuning einen sicheren Betrieb zu garantieren, wurden die Schaufeln beziehungsweise Blisks („Blade integrated Disks“) bislang in höherer Materialstärke konstruiert, als dies aufgrund der übrigen Betriebslasten eigentlich notwendig wäre. Dies wirkt jedoch dem Bemühen entgegen, den Wirkungsgrad der gesamten Turbomaschine weiter zu steigern. Eine aerodynamisch optimale Auslegung ist jedoch nur möglich, wenn die im Betrieb auftretenden Mistuning-Effekte schon in einem frühen Entwicklungsstadium berechnet werden können.
» Unser Ziel ist es, die im Rahmen von FVV-Projekten entwickelte Simulationssoftware ROMI durch experimentelle Validierung immer treffsicherer zu machen. «
Prof. Dr.-Ing. Jörg Wallaschek (Institut für Dynamik und Schwingungen (IDS) | Leibniz Universität Hannover)
Empirische Basis für die Weiterentwicklung der Simulationssoftware waren Versuche an den beteiligten Instituten der Leibniz Universität Hannover. Am Institut für Dynamik und Schwingungen (IDS) wurde eine idealisierte Turbinenstufe im Vakuum magnetisch angeregt, um strukturmechanische Kopplungen zu bestimmen. Auf einem Prüfstand des Instituts für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik (TFD) konnten Versuche mit einem durchströmenden Fluid durchgeführt werden, die auch die Dämpfungswirkung der Strömung berücksichtigten. Die auf diese Weise experimentell gewonnenen Erkenntnisse dienten einer überarbeiteten Modellierung des Mistuning-Effekts.
Das bereits existierende Simulationsprogramm „ROMI“ (Reduced Order Model for Mistuned Turbine Blades) konnte durch das Ende 2019 abgeschlossene FVV-Projekt wesentlich verbessert werden. Durch die Kopplung der Aerodynamik mit der Strukturdynamik von Deckband oder Schaufelfuß kann der Anstieg von Schwingungsamplituden besser vorhergesagt werden. Die Ergebnisse zeigen zudem, dass das Schwingungsverhalten wesentlich von den Relativbewegungen der Schaufelfüße in den Befestigungsnuten beeinflusst wird. Damit steht mit ROMI ein nicht-kommerzielles Werkzeug zur Verfügung, das sowohl in der weiteren Forschung als auch in der Entwicklung hocheffizienter Turbomaschinen zu nutzen ist.
Mistuning mit Aero-Kopplung | Mistuning aerodynamisch und strukturmechanisch gekoppelter Beschaufelungen | Vorhaben-Nr. 1164
Mistuning mit Aero-Kopplung II | Mistuning aerodynamisch und strukturmechanisch gekoppelter Beschaufelungen | Vorhaben-Nr. 1269
Status
Abgeschlossenes Projekt
Programm
Öffentliche Förderung und Eigenmittel
Fördersumme
534.000,00 EUR
Laufzeit
01.04.2014
bis
31.12.2016
Teil I
01.07.2017
bis
31.12.2019
Teil II
Fördergeber
Projektkoordination
Dr.-Ing. Harald Schönenborn
MTU Aero Engines AG
1 | Institut für Dynamik und Schwingungen (IDS) - Leibniz Universität Hannover | I + II
Wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr.-Ing. Jörg Wallaschek
2 | Institut für Turbomaschinen und Fluid-Dynamik (TFD) - Leibniz Uni Hannover | I + II
Wissenschaftliche Leitung:
Prof. Dr.-Ing. Jörg Seume
Weiterführende Literatur
Forschungsbereich
Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen e.V.
Lyoner Straße 18
60528 Frankfurt am Main
Deutschland
T +49 69 6603 1345