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Industrielle Gemeinschaftsforschung im Wandel 23.03.2023

Aufbruch in eine neue Zeit

Die Zeitenwende hin zu nachhaltigen Antrieben und Energieträgern ist längst Realität. Industrielle Gemeinschaftsforschung, die ihrer gesellschaftlichen Rolle gerecht werden will, muss daher einerseits zur Klimaneutralität, andererseits aber auch zu einer resilienten und global wettbewerbsfähigen Volkswirtschaft beitragen. Wie so oft im Leben gilt auch hier, dass es bedeutend einfacher ist, ein Ziel zu setzen, als sich dem Ziel Schritt für Schritt zu nähern, insbesondere wenn dabei einige Höhenmeter zu bewältigen sind.

Text: Johannes Winterhagen | Foto: Uwe Nölke

Die FVV hat sich bereits vor Jahren auf den Weg gemacht, weil wir der festen Überzeugung waren und sind, dass die große Aufgabe einer Transformation nur durch Innovation innerhalb der diskutierten gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen zu lösen ist. Entwickelt werden Technologien von Forschern, Ingenieuren, Technikern und Naturwissenschaftlern, die mit Leidenschaft nicht nur Vorhandenes kontinuierlich verbessern, sondern immer wieder Neues schaffen wollen. Entscheidend für den Erfolg sind dabei Netzwerke, die sich ständig erweitern. Mit der FVV bieten wir ein solches Netzwerk aus Unternehmen, Forschungsstellen und Verbänden – und damit den Nährboden, auf dem das Neue entstehen kann.

Als Forschungsvereinigung war es für uns eine entscheidende Frage, an welchen Zukunftstechnologien wir arbeiten wollen. Vor diesem Hintergrund hatten Vorstand, Ausschuss Forschung und Geschäftsführung der FVV aktiv eine Grundsatzdiskussion darüber angestoßen, wie wir unser Forschungsprogramm, orientiert an den aktuellen sozialen, gesellschaftlichen und politischen Diskussionen und Entscheidungen, neu ausrichten wollen. Dieser Prozess, an dem sich die Vertreter vieler Mitgliedsunternehmen konstruktiv beteiligt haben, lässt sich mit der allen Ingenieuren geläufigen Darstellung eines V-Modells zusammenfassen.

Nachhaltigkeit | Gesellschaft

Am Anfang des Prozesses, der durch das Modell abgebildet wird, stehen die großen Fragen nach einer nachhaltigen Energieversorgung, insbesondere für den Bereich der Mobilität, in der technische und makroökonomische Aspekte zu berücksichtigen sind. Die vom Vorstand initiierten Orientierungsstudien konnten in der Vergangenheit bereits einen wesentlichen Beitrag zu einer faktenorientierten Debatte leisten und werden das auch weiterhin tun.

Prof. Dr. Peter Gutzmer und Dietmar Goericke

Energieträger | Energiewandler

Auf der darunter liegenden Systemebene geht es einerseits darum, das Potenzial neuer, auf regenerativen Ressourcen basierender Energieträger und Energiewandler zu untersuchen. Andererseits gilt es, die Entwicklung der relevanten Antriebssysteme nachhaltiger und effizienter zu machen.

Da die konkrete Auslegung von Antriebssystemen nicht Gegenstand der vorwettbewerblichen Gemeinschaftsforschung sein kann, bedarf dieser Punkt einer Erläuterung. Die zunehmende Komplexität von Antriebssystemen, die häufig mehrere Energieträger- und wandler kombinieren (etwa Strom und Wasserstoff in einem Brennstoffzellen-Hybridsystem), erfordert neue Entwicklungsmethoden, die auch von kleineren und mittleren Unternehmen genutzt werden können. Mit der Bereitstellung entsprechender Methoden trägt die FVV wesentlich zu einem gemeinsamen Verständnis und vor allem einem wettbewerbsfähigen Mittelstand bei.

Wir erarbeiten wissenschaftliche Fakten, auf deren Basis Innovationen für kontinuierlichen Wandel und Fortschritt der Gesellschaft entstehen.

Selbstverständlich sind und bleiben die verschiedenen Energiewandler – von der Kraft- und Turbomaschine über die Brennstoffzelle bis hin zur E-Maschine – Teil des Forschungsprogramms. Arbeiten zu elektrischen Maschinen sind dabei Teil des E-MOTIVE-Programms, das in Zusammenarbeit mit VDMA und FVA durchgeführt wird. Höchste Energieeffizienz sowie der schadstofffreie Betrieb im Sinne von ›Zero Impact‹-Immissionen motiviert uns dabei zu weiterer Forschung.

Werkstoffwissenschaften | Recycling

Weitere Facetten von Nachhaltigkeit adressiert die Arbeit an Werk- und Betriebsstoffen und deren Eigenschaften. Sie legt unter anderem die Grundlagen für lange Haltbarkeit, aber auch für Recyclingfähigkeit in einer Kreislaufwirtschaft.

Um auf all diesen Gebieten neues Wissen zu schaffen, mit dem unsere Mitgliedsunternehmen innovative Lösungen entwickeln und auf den Markt bringen können, hatte sich in der Vergangenheit eine Struktur bewährt, in der Forschungsvorhaben vorrangig von Mitgliedsunternehmen angestoßen werden. Nach intensiver Diskussion in verschiedenen Gremien sind wir nun sicher: Die FVV soll ihren Charakter als ›Mitmachverein‹ erhalten. Gerade dadurch, dass die von uns initiierte Forschung sich aus den Ideen der Mitglieder speist, steigt die Wahrscheinlichkeit einer industriellen Anwendung erheblich. Wichtig bleibt zudem die Förderung des ingenieurwissenschaftlichen Nachwuchses, der durch die Arbeit in den FVV-Projekten frühzeitig die Sicht von Industrieunternehmen auf Forschungsergebnisse kennenlernt.

Science for a moving society

Den Aufbruch in eine neue Zeit soll auch unser Name signalisieren: Er muss die gesamte Breite unserer Forschung abdecken, die längst über die Verbrennungskraftmaschine hinausgewachsen ist. Gleichzeitig soll er eine Kontinuität in unserer wissenschaftlichen Arbeitsweise signalisieren, die in der Energie- und Mobilitätswelt hohe Anerkennung erfährt. Und nicht zuletzt muss er die gesellschaftliche Relevanz unserer Arbeit verdeutlichen. Nach einem intensiven Diskussionsprozess, in den viele Stakeholder einbezogen waren, haben wir uns dafür entschieden, den Namen FVV zu behalten und die Neuausrichtung durch einen ergänzenden Claim zu verdeutlichen.

Der neue Claim ist ein Versprechen, für das wir auch persönlich stehen: Wir erarbeiten wissenschaftliche Fakten, auf deren Basis Innovationen für kontinuierlichen Wandel und Fortschritt der Gesellschaft entstehen. Dies auch in der Außenkommunikation deutlich zu machen, sehen wir als Chance, insbesondere in einer Zeit, wo immer mehr nicht-faktische oder zumindest nicht überprüfbare Informationen zirkulieren.

Vorsprung durch Dialog

Die FVV lebt von der Unterstützung und dem Engagement ihrer Mitgliedsunternehmen und deren Bereitschaft, die gemeinsame Forschung auch mit personellen, finanziellen und materiellen Ressourcen auszustatten. Nur durch persönliches Engagement können die für nachhaltige Innovationen so wichtigen Themen der wissenschaftlich fundierten Grundlagenforschung in die FVV eingebracht werden. Darum sind wir sehr dankbar für das engagierte und ambitionierte Miteinander in den Leitungsgremien und der Mitgliedschaft. 

Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit und den Austausch mit Ihnen!

Prof. Dr. Peter Gutzmer
Vorsitzender des Vorstands

Dietmar Goericke
Geschäftsführer