Wie wir die grüne Transformation beschleunigen
Mithilfe des „Green Deals“ soll Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden, der so viele CO2-Emissionen beseitigt, wie er produziert. Damit die grüne Transformation deutlich an Fahrt aufnimmt, muss das Prinzip der schnellstmöglichen CO2-Neutralität zur Grundlage politischer Entscheidungen werden.
Inhalt
Diversifizierung ist der sicherste Weg zur Dekarbonisierung der Mobilität in Europa
Aus den Ergebnissen der Studien zur Ökobilanz klimaneutraler und ressourcenschonender Antriebssysteme hat die FVV mit MAKE IT NEW einen Forschungsfahrplan abgeleitet, bei dem die Potenziale aller auf regenerativen Ressourcen basierenden Energiewandler und -träger im Zentrum der Aktivitäten stehen.
Diese Diversifizierung gibt Politik und Gesellschaft sowie Industrie und Wissenschaft die Möglichkeit, neue Entwicklungen für den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Kraftstoffe und den Einstieg in CO2-neutrale Technologien für die unterschiedlichen Segmente zu bewerten und auf den Markt zu bringen.
Zudem schafft die Diversifizierung Redundanzen bei den Energieträgern und -wandlern, sodass das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 gegen Unwägbarkeiten abgesichert wird. Führen beispielweise rohstoffseitige oder geopolitische Probleme zu einem verzögerten Hochlauf einer Technologie, kann das durch die Nutzung einer anderen Technologie weitestgehend aufgefangen werden.
Eine Strategie der Diversifizierung bei Energieträgern und -wandlern
- beschleunigt den Hochlauf CO2-neutraler Technologien
- führt schneller zur Klimaneutralität im Verkehrssektor
- sichert die Klimaziele gegenüber Unwägbarkeiten ab
- ist der einzige Weg, die von der EU und Deutschland festgelegten Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen.
Politik und Gesellschaft müssen schnell handeln
Die FVV appelliert daher an Politik und Gesellschaft:
- die Diversifizierung bei Energieträgern und -wandlern für den europäischen Verkehrssektor aktiv zu fördern. Ohne Berücksichtigung zusätzlicher regenerativer Energieträger laufen wir Gefahr, Potenziale bei der CO2-Reduzierung ungenutzt zu lassen, die schnellstmögliche Defossilisierung der Energieträger auszubremsen und damit die kumulierten CO2-Emissionen unnötigerweise zu erhöhen.
- politische Entscheidungen und Vorgaben auf Basis einer umfassenden LCA zu treffen und bestehende Gesetze und Richtlinien dahingehend zu überprüfen und falls erforderlich zu modifizieren.
Angesichts der unkalkulierbaren aktuellen Herausforderungen (Energiekosten, Rohstoffengpässe, Lieferketten und geopolitische Situation) empfiehlt die FVV Politik und Gesellschaft:
- neben der Elektrifizierung des Verkehrs und der dazugehörenden Infrastruktur auch einen breiten Zugang zu alternativen Energieträgern wie eWasserstoff und flüssigen eFuels zu schaffen. Das gilt umso mehr, als dass die Studien den herausragenden Stellhebel dieser Technologien für die CO2-Reduzierung sowie den auch künftig noch großen Anteil der Fahrzeugbestandsflotte an den CO2-Gesamtemissionen zeigen.
- Zwischenschritte auf dem Weg zur CO2-Neutralität in der EU bis 2050 zu definieren und geeignete Mechanismen zur Überprüfung der Zielerreichung zu etablieren.
Die FVV Studien im Überblick
Häufig gestellte Fragen
Der Primärenergiebedarf in Deutschland beträgt derzeit ca. 3600 TWh/Jahr (EU: ca. 19000 TWh/Jahr) und der Endenergiebedarf ca. 2600 TWh/Jahr. Die Differenz ergibt sich aus unvermeidlichen Energieverlusten, die beim Transport und insbesondere bei der Umwandlung von einer Energieform in eine andere entstehen. Eine robuste Auslegung des zukünftigen Energiesystems darf nicht auf Minimalabschätzungen des zukünftigen Energiebedarfs basieren, da so die Energieversorgungssicherheit gefährdet wird. Nach Einschätzung der FVV dürfte der künftige minimale Endenergiebedarf Deutschlands in der Größenordnung von mindestens 2300 TWh/Jahr liegen. Für die unvermeidlichen Umwandlungsverluste sollten etwa 400 TWh/Jahr angenommen werden. Für eine robuste Auslegung des zukünftigen Energiesystems ergibt sich damit ein realistischer zukünftiger Primärenergiebedarf Deutschlands von etwa 2700 TWh/Jahr.
In Studien veröffentliche Werte für den Endenergiebedarf in Deutschland im Jahr 2050 liegen bei etwa 1500 bis 1800 TWh/Jahr; für den Primärenergiebedarf wird von etwa 1800 bis 2000 TWh/Jahr ausgegangen (EU: 13.000 bis 17.000 TWh/Jahr). Dabei werden oftmals sehr optimistische Annahmen hinsichtlich des Potenzials künftiger Energieeinsparungen getroffen. Es fehlt meist eine ausreichende Berücksichtigung erforderlicher chemischer Energiespeicher für sogenannte Dunkelflauten, also Phasen, in denen weder ausreichend Sonnen- noch Windkraft zur Verfügung stehen. Auch wird oft – entgegen der bisherigen Verkehrsentwicklung – von einer signifikanten Abnahme des Individualverkehrs ausgegangen. Weiterhin werden in vielen Studien Realverbräuche von Fahrzeugen nicht berücksichtigt. Der Energiebedarf des Verkehrs in Deutschland (zurzeit knapp 600 TWh/Jahr) wird daher in vielen Studien auf nur 100 bis 140 TWh/Jahr nach vollständiger Umstellung auf batterieelektrische Fahrzeuge geschätzt. Diese Zahlen sind deutlich zu niedrig. Nach Berechnungen der FVV würde bei Beibehaltung der derzeitigen Transportleistung der Primärenergiebedarf für eine komplette Umstellung des Verkehrs auf batterieelektrische Fahrzeuge ca. 300 TWh/Jahr betragen, bei Steigerung der Verkehrsleistung gemäß des EU-Referenzszenarios 2016 sogar knapp 400 TWh/Jahr. Die Abschätzung von Anforderungen an ein zukünftiges Energiesystem auf Grundlage zu optimistischer Annahmen ist höchst problematisch, da eine Unterdimensionierung der Energiesysteme die Versorgungssicherheit gefährdet.
Der Endenergiebedarf ist die Menge an Energie, die an den Verbrauchsstellen (Privathaushalte und Industrie) zur Verfügung gestellt werden muss, um die Nachfrage zu decken. Allerdings ist diese Bereitstellung mit Verlusten behaftet. Diese resultieren z. B. aus Umwandlungsprozessen von einer Energieform in eine andere und dem Transport der Energie, wie beispielsweise Verluste durch den elektrischen Widerstand des Stromnetzes. Diese Verluste müssen durch die Erzeugung zusätzlicher Energie kompensiert werden. Der Primärenergiebedarf ist der Gesamtenergieaufwand, der gedeckt werden muss, um die Versorgung der Verbraucher zu gewährleisten. Er ist also die Summe aus dem verbraucherabhängigen Endenergiebedarf und dem Energiebedarf durch die Bereitstellungsverluste.
Das Potenzial von Solar- und Windkraft in Deutschlang beträgt etwa 1000 bis 1200 TWh/Jahr. Ohne Berücksichtigung von Biomasse wird Deutschland daher mindestens 55 % (1500 TWh/Jahr) und bei vollständiger Ausnutzung des nachhaltigen Biomassepotenzials mindestens 45 % (1250 TWh/Jahr) des Energiebedarfs durch Importe decken müssen (Potenzial nachhaltige Biomasse in Deutschland: ca. 250 TWh/Jahr). Da die Stromgewinnung aus Sonnen- und Windenergie in Deutschland im Vergleich zu den Vorzugsregionen dieser Welt deutlich teurer ist (Faktor bis zu 10), wird realistisch mit deutlich höheren Importquoten zu rechnen sein.
Für Europa (EU und UK) liegt das Potenzial erneuerbarer Energien aus Sonnen- und Windkraft je nach Studie und Szenario in einer Größenordnung von etwa 14000 bis 23000 TWh/Jahr. Bei diesen hohen Werten ist allerdings ein nennenswerter Anteil kostenintensiver Floating-Offshore-Windanlagen enthalten. Europa kann sich daher theoretisch autark mit Wind- und Sonnenenergie versorgen, allerdings nur zu sehr hohen Energiekosten. Zudem wird es über Jahrzehnte kaum möglich sein, innerhalb des EU-Gebiets elektrischen Strom über ein entsprechendes Netz zu verteilen, da die erzielbare Ausbaugeschwindigkeit des Stromnetzes deutlich zu gering ist.
Großen Einfluss auf den Primärenergiebedarf haben insbesondere die Umwandlungsverluste bei der Transformation von einer Energieform in eine andere. Diese Umwandlungsverluste können maßgeblich durch die konsequente Vermeidung unnötiger Umwandlungsprozesse reduziert werden. Dazu ist eine Betrachtung des gesamten Energiesystems erforderlich. Eine Aneinanderreihung der für sich betrachtet effizientesten Einzeltechnologien kann sehr schnell zu vermehrten Umwandlungsprozessen und damit zu einer deutlichen Verschlechterung des Systemwirkungsgrads führen, was in einem erhöhten Primärenergiebedarf resultiert. Kommt beispielweise zu dem derzeitigen Bedarf an elektrischem Strom in Deutschland (ca. 600 TWh/Jahr) der zusätzliche Strombedarf für eine komplette Umstellung der Heizungen auf Wärmepumpen hinzu (zusätzliche ca. 470 TWh/Jahr), beträgt der Bedarf an elektrischer Energie 1070 TWh/Jahr, was der Grenze des Sonnen- und Windenergiepotenzials Deutschlands bereits sehr nahekommt. Importiert man die fehlende Energie per Schiff in Form von grünem Wasserstoff (e-Wasserstoff), der dann zur Erzeugung von Strom herangezogen wird, ergeben sich zwangsläufig erhebliche Umwandlungsverluste: Nach Erzeugung per Elektrolyse (Wirkungsgrad etwa 75 %) muss der e-Wasserstoff zunächst im Erzeugungsland (z. B. Chile, Australien) in e-Ammoniak verwandelt werden (Wirkungsgrad ca. 55-60 %) um ihn transportieren zu können. Im Verwendungsland wird er dann wieder in e-Wasserstoff gewandelt (Wirkungsgrad etwa 90 %). Von der ursprünglichen elektrischen Energie findet man in diesem e-Wasserstoff in Deutschland demnach nur noch 40 % wieder. Setzt man diesen e-Wasserstoff zur Verstromung ein (elektrischer Wirkungsgrad Turbine ca. 40 %), bleiben nur noch 16 % der ursprünglich eingesetzten Energie übrig. Nutzt man diesen Strom in einem Elektrofahrzeug, beträgt der Gesamtwirkungsgrad (bei 70-90 % Fahrzeugwirkungsgrad je nach Ladegeschwindigkeit und Energieerzeugungsort) nur 11-14 %. Würde man den gleichen e-Wasserstoff direkt in einem Brennstoffzellenfahrzeug oder einem Fahrzeug mit Wasserstoffverbrennungsmotor nutzen, betrüge der Gesamtwirkungsgrad etwa 20 % (Brennstoffzelle) bzw. 15 % (Hybridisiertes Fahrzeug mit Wasserstoffverbrennungsmotor), obwohl beide Technologien einen deutlich geringeren Antriebswirkungsgrad aufweisen (Brennstoffzelle ca. 51 %, hybridisierter Wasserstoffverbrenner ca. 38 %). Würde man den e-Wasserstoff im Erzeugerland zu Transportzwecken nicht zu e-Ammoniak konvertieren, sondern mithilfe von direkt aus der Luft extrahiertem CO2 zu e-Methan, welches dann per LNG-Tanker nach Deutschland transportiert und über das Erdgasnetz verteilt würde, wäre ein Well-to-Tank-Wirkungsgrad von ca. 57 % erreichbar. Dieses e-Methan ließe sich dann direkt in einem hybridisierten Fahrzeug mit Methanverbrennungsmotor („Erdgas Hybrid“, Wirkungsgrad etwa 39 %) nutzen, mit einem Well-to-Wheel-Gesamtwirkungsgrad von 22 %. Dabei wäre bei diesem Szenario die gesamte Erdgasinfrastruktur (LNG-Schiff, LNG-Terminals, Gasleitungen) ohne Modifikationen nutzbar, sodass auch eine hohe Kosteneffizienz erreicht würde. Man sieht an diesem Beispiel, dass die Effizienzoptimierung unbedingt auf Systemebene erfolgen muss.
Möglichkeiten zur Verminderung des Endenergiebedarfs ergeben sich durch Wirkungsgradsteigerungen bei den Endverbrauchern, z. B. durch die Einführung effizienterer Fahrzeuge (Hybridisierung, Elektrofahrzeuge) und Heizungen (Wärmepumpen), sowie eine bessere Wohnraumisolierung (weniger Wärmeverluste) oder einen geringeren Verbrauch durch Konsumverzicht bzw. eine schrumpfende Wirtschaftsleistung – was aber wohl niemand ernsthaft möchte. Wirkungsgradsteigerungen bei den Endverbrauchern sollten genutzt werden, wenn es sinnvoll ist, wobei Wechselwirkungen mit dem Gesamtsystem (Vermeidung von Umwandlungsverlusten) immer zu berücksichtigen sind. Die einfache Aneinanderreihung von besten Einzelwirkungsgraden ohne die Berücksichtigung des Gesamtsystems (Systemwirkungsgrad, Kosten, erzielbare Aufbaugeschwindigkeiten) ist nicht sinnvoll und kann zu falschen Optimierungsergebnissen führen, die unter Umständen sehr kostenintensiv sind und auf den Klimaschutz sogar einen nachteiligen Effekt haben können.
Die Energie kann über lange Strecken praktisch nur in molekularer Form (als grüner Wasserstoff oder als Derivat, d.h. als eFuel) transportiert werden. Bei Nutzung dieser Energien sind Umwandlungsverluste unbedingt zu vermeiden. Zur Optimierung des Energiesystems ist es daher äußerst wichtig, den Wirkungsgrad des gesamten Energiesystems zu betrachten und nicht die Effizienz einzelner Technologien. Die Kombination bester erreichbarer Einzelwirkungsgrade führt dabei nicht automatisch zur besten Systemeffizienz.
Der erforderliche Aufwand und Zeitbedarf für den Ausbau der Strominfrastruktur, insbesondere für den Aufbau des Übertragungsnetzes, d.h. Fernleitungen, wird erheblich unterschätzt. Teilweise wird der Netzausbau sogar komplett vernachlässigt und es wird vereinfachend davon ausgegangen, dass Energie in Form von elektrischem Strom problemlos überallhin transportiert werden kann (Annahme: Deutschland oder Europa als „Kupferplatte“). Das führt oft zu völlig unrealistischen Betrachtungen und Schlussfolgerungen. Da die vornehmlich in wind- und sonnenreichen Regionen erzeugte nachhaltige Energie europaweit dorthin transportiert werden muss, wo eine hohe Nachfrage besteht, ist ein großflächiger Übertragungsnetzausbau dringend erforderlich. Die FVV geht davon aus, dass 20 % des erforderlichen Übertragungsnetzbedarfs durch freie Kapazitäten des bestehenden Übertragungsnetzes gedeckt werden können, während 80 % der erforderlichen Transportkapazitäten neu gebaut werden müssen.
Zwar gibt es ein bestehendes Übertragungsnetz, doch ist der Anstieg der Stromnachfrage allein durch die Elektrifizierung des Verkehrssektors so groß, dass dessen Kapazität signifikant überschritten wird. Beispielsweise beträgt die maximal erzeugte elektrische Leistung in Deutschland zu Spitzenzeiten (mittags, werktags) bereits heute etwa 80 GW, während das Netz nur in der Lage ist, ca. 30 GW davon zu übertragen. Das funktioniert heutzutage deshalb, da die Standorte großer Energieverbraucher im Allgemeinen in der Nähe der Energieerzeugung errichtet wurden. In einem rein auf Wind- und Sonnenenergie basiertem Energiesystem wird der Hauptanteil der Energieerzeugung ortsentkoppelt in wind- und sonnenreichen Vorzugsregionen stattfinden. Durch diese örtliche Entkopplung von Erzeugung und Verbrauch ergibt sich ein deutlich erhöhter Stromtransportbedarf. Neben dem heutigen Stromverbrauch (Beispiel Deutschland: ca. 600 TWh/Jahr) kommen im Zuge der Transformation zur CO2-Neutralität zudem weitere Stromverbraucher wie Elektrofahrzeuge oder Wärmepumpen für die Hausheizungen hinzu. Für den Betrieb von Wärmepumpen ergibt sich ein zusätzlicher Bedarf elektrischer Energie von etwa 470 TWh/Jahr. Zum heutigen elektrischen Stromverbrauch von 600 TWh/Jahr addieren sich somit weitere etwa 800 TWh/Jahr für Wärmepumpen und Elektrofahrzeuge, die durch das Stromnetz transportiert werden müssen. Demgegenüber schreitet der Ausbau des Stromnetzes nur schleppend voran. Von dem im ENTSO-E Netzausbauplan für 2010 bis 2020 skizzierten Leitungszubau in Europa, der einen Umfang von 42.000 km haben sollte, wurden im gleichen Zeitraum (2010-2020) weniger als 10.000 km tatsächlich fertiggestellt, also weniger als jeder vierte Kilometer.
Völlig treibhausgasfreie Mobilität (vereinfachend THG-Neutralität genannt) lässt sich auch bei ausschließlicher Verwendung von Energien aus nachhaltigen Quellen nicht erreichen. Es wird immer prozessbedingte, unvermeidbare THG-Emissionen geben, die nicht aus der Energieerzeugung stammen. So werden etwa bei der Betonherstellung für die Fundamente von Windrädern THG-Emissionen aus der Karbonat-Spaltung freigesetzt. Für die Produktion eines Fahrzeugs des C-Segments werden die unvermeidbaren THG-Emissionen im Jahr 2050 (Annahme: ausschließlich Nutzung völlig nachhaltiger Energie in der Fahrzeugproduktion) bei etwa 1,3 t CO2-Äquivalent für ein Fahrzeug mit Verbrennungsmotor und bei etwa 2 t CO2-Äquivalent für ein batterieelektrisches Fahrzeug liegen.
Der Wirkungsgrad ist eine technische Kenngröße zur Prozessoptimierung und hat singulär betrachtet nur eine eingeschränkte Aussagekraft. Vor allem müssen für seine Bewertung die Randbedingungen des betrachteten Systems genau definiert werden. Auch resultiert ein optimaler Systemwirkungsgrad nicht automatisch aus einer Kombination der besten Einzelkomponenten-Wirkungsgrade. Eine Technologiebewertung auf Grundlage nur eines oder weniger Wirkungsgrade in einer ganzen Wirkkette führt meist zu falschen Ergebnissen. Zur Minimierung der europäischen THG-Emissionen ist es beispielsweise unerlässlich, das komplette europäische Energiesystem zu optimieren. Bei Pkw beträgt der sogenannte Tank-to-Wheel-Wirkungsgrad (Verhältnis mechanische Arbeit zu eingesetzter chemisch gebundener Energie) unter Zyklusbedingungen (WLTP, Winterbetrieb) bei Elektrofahrzeugen etwa 88 % und bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor (als Hybrid) etwa 38 %. Bei Radfahrern liegt der vergleichbare Wirkungsgrad bei etwa 20 %. Bezieht man die Energiebereitstellung mit ein, ergibt sich für den Well-to-Wheel-Wirkungsgrad (Verhältnis mechanische Arbeit zu eingesetzter Gesamtenergie) unter identischen Bedingungen bei Elektrofahrzeugen mit 100 % regenerativ erzeugtem Strom einschließlich einer Energiepufferung für Dunkelflauten ein Wirkungsgrad von 55 % und für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor (Hybrid), die mit eFuel betrieben werden, von ca. 22 %. Bei Radfahrern beträgt dieser Well-to-Wheel-Wirkungsgrad unter ungünstigen Umständen weniger als 0,5 %. Natürlich würde dennoch niemand ernsthaft aus Klimaschutzgründen vom Fahrradfahren abraten.
Unter idealen regulatorischen Rahmenbedingungen und Investitionsbedingungen wäre es möglich, bis 2035 mehr als 75 % des europäischen Verkehrs mit eFuels zu betreiben. Voraussetzung dazu sind kurze Genehmigungsverfahren und langfristig gute Investitionsbedingungen durch marktwirtschaftliche Anreize, wie beispielsweise die ausreichend hohe Besteuerung von CO2 bei der Exploration fossiler Brennstoffe bei gleichzeitiger Aufgabe aller Sektorenziele.
Die technisch mögliche Ausbaugeschwindigkeit von Wind- und Solarenergie stellt keinen verzögernden Engpass dar, um gleichzeitig mehrere Sektoren – auch die eFuel-Produktion für Pkw – mit nachhaltiger Energie zu bedienen. Die Engpässe werden von anderen Technologiebausteinen verursacht, wie z.B. dem Netzausbau. Realistisch erzielbare Wachstumsraten der installierten Windkraft- und Photovoltaik-Kapazitäten liegen in der Größenordnung von 30 %/Jahr.
Wie die Studien der FVV zeigen, würde in der EU mit einem Ansatz, der ausschließlich batterieelektrische Fahrzeuge umfasst, bis 2050 eine Defossilisierungsrate von nur 76 % des Fahrzeugbestands erreicht. Anders ausgedrückt würden 24 % der Fahrzeuge nach wie vor CO2 ausstoßen. Damit würden also die Pariser Klimaziele klar verfehlt. Regenerative Energien, die in sonnen- und windreichen Regionen der Welt gewonnen, in eine molekulare Form umgewandelt und so in die EU importiert werden, könnten diese Lücke auffüllen. Diese molekularen Energieträger können Wasserstoff oder Derivate wie eFuels sein. Im Gegensatz dazu wäre ein Transport der Energie als elektrischer Strom über eine mehrere tausend Kilometer lange Strecke in der verbleibenden Zeit technisch nicht umsetzbar. Mit eFuels lassen sich zusätzliche Energiequellen an Vorzugsstandorten grüner Energieerzeugung erschließen, die ansonsten nicht zur Verfügung stünden. Zudem bieten eFuels den Vorteil, dass sie leicht handhabbar sind, über die bestehende Tankinfrastruktur verteilt und auch in der bestehenden Fahrzeugflotte eingesetzt werden können. eFuels sind damit die perfekte Ergänzung zu grüner Elektromobilität, auch im Pkw-Bereich. Die Technologiepfade stehen also nicht in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen sich sinnvoll, um die Klimaziele zu erreichen.
Die Studien der FVV zeigen, dass ein Technologiepfad allein nicht ausreicht, um die ambitionierten EU-Ziele der Klimaneutralität bis 2050 und von Deutschland (klimaneutral bis 2045) umzusetzen. Diese Ziele lassen sich nur durch einen cleveren Mix verschiedener Energieträger und -wandler erreichen. Zudem schafft die Diversifizierung Redundanzen, sodass die Klimaziele gegen rohstoffseitige oder geopolitische Unwägbarkeiten abgesichert werden. Zusammengefasst beschleunigt eine Strategie der Diversifizierung bei Energieträgern und -wandlern den Hochlauf CO2-neutraler Technologien, führt schneller zur Klimaneutralität im Verkehrssektor, sichert die Klimaziele gegenüber Unwägbarkeiten ab und ist so der einzige Weg, die von der EU und Deutschland festgelegten Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen.
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